Finanztest Oktober 2024 – „Immer mehr Mängel an Solaranlagen“ … das muss mal gesagt werden …

„Wo gehobelt wird, fallen Späne“ – dieses Sprichwort ist bekannt. „Wo viel gehobelt wird, …. “

Mich erreichen seit einiger Zeit von Anlagenbetreibern so im Schnitt zwei Anrufe die Woche, die meist mit folgendem ähnlich lautenden Satz beginnen: „Ich habe vor kurzem eine PV-Anlage installieren lassen und ich habe festgestellt, dass ……….“. Warum man mich dann anruft, hat meist zwei Gründe: Erstens, die ausführende Fachfirma kümmert sich nicht um das Anliegen des Kunden, zweitens, man erwartet von einem Sachverständigen so eine Art Generallösung für die auftretenden Probleme, die ich aber meist nicht bieten kann und auch nicht (mehr) bieten möchte. Die Anzahl der Reklamationen hat in den letzten Jahren anscheinend überhand genommen, was auch die Verbraucherzentrale in Nordrheinwestfahlen berichtet. Dies war Anlass, das Thema zumindest einmal über meinen Projektleiter des Fachbuches „Photovoltaik & Batteriespeicher“ bei der Stiftung Warentest zu diskutieren. Aufgrund der Ergebnisse hieraus ist dann ein Artikel in der aktuellen Ausgabe von FINANZTEST (Oktober 2024) entstanden.  Was sind die Gründe?

Die Solarbranche boomt, nicht zuletzt wegen der gestiegenen Energiepreise als auch wegen den günstigeren Förderbedingungen durch das neue Erneuerbare Energiegesetzt. Dieser Boom hat aber auch seine Schattenseiten: Fachkräftemangel, Zeitdruck und viele mangelhaft ausgeführten Leistungen. Dazu kommen teils unseriöse Werbeversprechen, u.a. in der Form, dass mit einer quasi „kostenlosen“ Photovoltaikanlage geworben wird, welche aber bei näherer Betrachtung mit „Knebelverträgen“ bezüglich Stromnutzung und Strombezug verbunden ist, die meist zugunsten des Anbieters und zum Nachteil des Kunden ausgelegt sind. Oder es werden überhöhte und nicht realistische Einsparpotentiale bei den Stromkosten aufgezeigt, mit denen sich die Photovoltaikanlage dann zu überteuerten Preisen gut verkaufen lässt – zumeist mit einem überdimensionierten Stromspeicher

Im vergangenen Jahr gab es nach Angaben der deutschen Verbraucherzentralen einen enormen Anstieg der Beschwerden über Photovoltaik-Anlagen. Tendenz: steigend. Die Gründe sind vielfältig: Lieferungs-/Leistungsstörungen, mangelhaft ausgeführte Leistungen und die damit verbundenen Probleme bei Gewährleistungen. Man fühlt sich bisweilen in Zeiten versetzt, die 20 Jahre zurück reichen.

Planungsfehler:

  • keine Berücksichtigung von Verschattungen
  • Dacheignung (baulicher Zustand)
  • zu groß ausgelegte Speichersysteme
  • nicht auf das Dach abgestimmte und berechnete Haltekonstruktion
  • falsche Wahl der Dachbefestigung

Montagefehler

  • Schäden am Dach durch unsachgemäße Befestigung der Haltekonstruktion
  • ohne Schutz auf die Dachhaut verlegte Gleichstromleitungen und Steckverbinder
  • Nichtbeachtung von vorhandenen Blitzschutzanlagen
  • Nichtbeachtung von brandschutzrelevanten Bereichen (Brandschutzwände, landwirtschaftliche Betriebe)
  • falsche Wahl des Installationsortes für die Wechselrichter und Stromspeicher
  • Nichtbeachtung von Herstellervorgaben zur Installation der Anlagenkomponenten
  • fehlende oder fehlerhaft installierte Überspannungsschutzeinrichtungen

In vielen Fällen fehlt nach Fertigstellung eine ausreichende Anlagendokumentation, u.a. mit Plänen, statischer Berechnung des Haltegestells, Prüfprotokolle  und weiteren Unterlagen. Hierauf hat der Kunde Anspruch. Der Mindestumfang einer Dokumentation bei einer Photovoltaikanlage ist normativ geregelt.

Was seit längerer Zeit zu beobachten ist, sind präsent in der öffentlichen Werbung auftretende Firmen, dazu gehören auch regionale Stromanbieter, welche werbewirksam Photovoltaikanlagen anbieten. Die Realisierung solcher Anlagen erfolgt dann aber nicht mit eigenem Personal, sondern man bedient sich einer Kette von mehreren Subunternehmern. Die letzten „beißen“ dann sprichwörtlich die Hunde, denn da bleibt nicht mehr viel an Vergütung übrig, weil jeder vorher seinen finanziellen Teil beanspruchen möchte. Für die letzten heißt es dann sprichwörtlich „Zeit = Geld“. Nicht selten werden die Kunden mit Handwerkerkolonnen ohne ausreichende Deutschkenntnis konfrontiert, welche ihren Auftrag mit Zeitdruck ausführen und danach ohne weitere Kommentare die Baustelle verlassen. Wochen danach kommt dann ein „Elektriker“, der im Umkreis von 400 km die Kunden seines „Auftraggebers“ betreut“ und schließt die Anlage an. Bei auftretenden Problemen müssen die Kunden dann oft über Umwege bei den eigentlichen „Verkäufern“ Mängel reklamieren, was oftmals sehr langwierig ist – wenn sich überhaupt jemand darum kümmert. In vielen Fällen bleiben die Kunden mehr oder weniger ahnungslos, unter welchen Qualitätsmaßstäben ihre Photovoltaikanlage installiert wurde.

Dazu kommen nicht selten Fälle unseriöser Vertragsgestaltungen, bei denen ein Großteil der Anschaffungskosten bereits per Vorkasse zu entrichten ist. Danach warten die Kunden oft monatelang, bis sich jemand wegen der Lieferung und Montage meldet. Grundsätzlich handelt es sich bei der Installation von Photovoltaikanlagen um werkvertragliche Leistungen, bei denen die Werklohnzahlung in der Regel erst nach Fertigstellung der Leistung fällig wird.

Große Wartezeiten gibt es auch, bis der Netzbetreiber oder zuständige Messstellenbetreiber den Zähler für die Photovoltaikanlage gesetzt hat, was Voraussetzung für die Inbetriebnahme der Photovoltaikanlage ist. Das rechtzeitige Anmelden der Anlage geht dabei oftmals beim Verkäufer der Anlage unter und es kommt so zu vermeidbaren Verzögerungen.

Der große Rettungsanker ist dann die Kontaktierung eines Sachverständigen. Wenn das berüchtigte „Kind“ bereits in den Brunnen gefallen ist, bleibt einem Fachexperten oftmals nicht mehr übrig, als die vorhandenen Mängel zu dokumentieren und in einem Gutachten zu bewerten. Es verbleibt dann die mühevolle Arbeit des Kunden, diese beim Verkäufer oder der Installationsfirma geltend zu machen. Manchmal mit wenig Erfolgt, denn die Ausreden mit denen der Kunde konfrontiert wird (falls er überhaupt eine Antwort bekommt), sind oftmals haarsträubend. Das Ergebnis hieraus sind dann vielfach rechtliche Auseinandersetzungen, welche zusätzliches Geld und Zeit kosten. Letztendlich muss der Kunde nach Inbetriebnahme und spätestens mit Zahlung der Rechnung beweisen, dass überhaupt ein Mangel vorhanden ist. Den Aufwand, dass sich ein Experte die Anlage vor der Restzahlung einmal vor Ort ansieht, scheuen die meisten.

Es gibt gute Installationsbetriebe, keine Frage. Aber die Grenzen zwischen „top“, „geht noch“ und „mangelhaft“ sind oftmals sehr eng. Mir geht es auch nicht darum, die PV-Branche schlecht zu reden. Diejenigen, die den uneingeschränkten Ausbau der Erneuerbaren Energien unterstützen und permanent propagieren, haben oftmals keinen Einblick in die Geschehnisse aus der Praxis vor Ort – auch das gehört zur Wahrheit dazu. Ich sehe die Gefahr, dass solche Defizite in der bereits oftmals sehr kontroversen Diskussion über Sinn und Unsinn der Erneuerbaren der PV-Branche letztendlich auf die Füße fallen werden. Damit wird Öl ins Feuer derjenigen gegossen, die die Energiewende grundsätzlich kritisieren (das sind sicherlich nicht wenige).

Das musste einmal gesagt werden ….

Hierüber habe ich mit der Redaktion von „Finanztest“ diskutiert.